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Waldschäden durch Klimaextreme: Praxiswissen trifft Klimaforschung

Abbildung 1: Kalamitätsfläche im Harz nach den Trockenjahren (Foto F. Knutzen).

Abbildung 1: Kalamitätsfläche im Harz nach den Trockenjahren (Foto F. Knutzen).

Abbildung 2: Unterschiede in den Auswirkungen und Schäden zwischen der Untersuchungsperiode (2018–2022) und der Referenzperiode (2010–2014): Kronenverlichtung, durch Insekten geschädigtes Holz, verbrannte Waldfläche sowie Baumverlust. *Signifikanz.

Abbildung 2: Unterschiede in den Auswirkungen und Schäden zwischen der Untersuchungsperiode (2018–2022) und der Referenzperiode (2010–2014): Kronenverlichtung, durch Insekten geschädigtes Holz, verbrannte Waldfläche sowie Baumverlust. *Signifikanz.

Abbildung 3: Die Broschüre „Stadtwald Karlsruhe im Klimawandel“ informiert anschaulich über klimabedingte Veränderungen und zeigt, wie das Forstamt Karlsruhe den Wald mit konkreten Maßnahmen anpasst. Online abrufbar siehe Referenzen.

Abbildung 3: Die Broschüre „Stadtwald Karlsruhe im Klimawandel“ informiert anschaulich über klimabedingte Veränderungen und zeigt, wie das Forstamt Karlsruhe den Wald mit konkreten Maßnahmen anpasst. Online abrufbar siehe Referenzen.

News vom 20.06.2025

Dürre, Hitze und andere Klimaextreme fordern die Forstwirtschaft in Deutschland zunehmend heraus. Besonders seit 2018 treten vermehrt sogenannte „Trockenjahre“ auf – mit gravierenden Auswirkungen auf Waldökosysteme, Holzproduktion, Erholungsnutzung, Biodiversität und andere gesellschaftliche Ansprüche an den Wald. Die Folgen solcher Jahre: massive Vitalitätsverluste, Schädlingsbefall und teils flächenhafte Waldschäden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass unter einem ungebremsten Klimawandel (Szenario RCP8.5) mit einer Versiebenfachung zweijähriger Dürreereignisse bis zum Jahrhundertende zu rechnen ist (Hari et al., 2020).

Im Rahmen von ClimXtreme wurden Interviews und Workshops mit Forstfachleuten durchgeführt, um ihre Erfahrungen mit Klimaextremen und deren Auswirkungen auf die Waldbewirtschaftung systematisch zu erfassen. Diese Perspektiven machen deutlich, welche Ereignisse aus der Praxis als besonders herausfordernd erlebt werden – und liefern zugleich konkrete Hinweise darauf, welche Informationen aus der Klimaforschung vor Ort benötigt und genutzt werden.

Der Begriff „Trockenjahr“ ist in der forstlichen Praxis absolut geläufig, jedoch bislang nicht eindeutig definiert. Ein gemeinsamer Definitionsvorschlag aus Forschung und Praxis ist bislang nicht erfolgt. Trockenjahre wie 2018 bis 2020 und 2022 zeichnen sich durch einen ausgeprägten Wassermangel – vor allem während der Vegetationszeit – aus, der zu besonders starken ökologischen Auswirkungen führt. Dieser entsteht nicht nur durch fehlenden Niederschlag, sondern auch durch überdurchschnittliche Verdunstung, ungünstige Niederschlagsverteilung und standortabhängige Bodenverhältnisse und andere örtliche Faktoren.

Um die tatsächlichen Auswirkungen solcher Jahre besser zu erfassen, wurden zudem europaweit Daten zu Dürre- und Hitzeschäden in Wäldern zwischen 2018 und 2022 ausgewertet (Knutzen et al., 2025). Die Ergebnisse sind deutlich: In Zentraleuropa kam es zu besonders starken Einbußen bei der Kronenbedeckung sowie zu erheblichem Insektenbefall und Waldverlusten. In Südeuropa zeigten sich Wälder widerstandsfähiger, vermutlich durch Erfahrung mit wiederkehrender Trockenheit. Boreale Wälder in Nordeuropa waren vielleicht wegen standortgerechter Baumarten weniger betroffen, während die Alpenregion durch ihre Höhenlage bislang vergleichsweise verschont blieb (Abbildung 1).

Die Einschätzungen aus der Forstpraxis zeigen ein klares Bild: Trockenheit und Dürre gelten als zentrale Herausforderungen für die zukünftige Waldbewirtschaftung. Gleichzeitig offenbaren sich unterschiedliche Anpassungsstrategien, je nach forstlichem Leitbild. Wirtschaftlich orientierte Akteure setzen stärker auf waldbauliche Steuerung, technische Maßnahmen und gezielte Baumartenwahl – zum Teil auch mit fremdländischen Arten. Naturschutzorientierte Praktiker betonen hingegen Biodiversität, heimische Arten und eine naturnahe Entwicklung. Einigkeit herrscht darüber, dass Mischbestände, standortgerechte Arten und strukturelle Vielfalt zentrale Bausteine klimaresilienter Wälder sind.

Ein konkretes Beispiel für den Brückenschlag zwischen Forschung, Praxis und Gesellschaft ist die neue Broschüre „Stadtwald Karlsruhe im Klimawandel“. Sie richtet sich an Waldbesuchende und zeigt auf, wie sich das Klima seit 1950 verändert hat, welche Auswirkungen bereits sichtbar sind und mit welchen Maßnahmen das Forstamt Karlsruhe dem begegnet. Bekannte Orte, anschauliche Grafiken und praxisnahe Informationen helfen dabei, Verständnis für notwendige Anpassungen zu schaffen – etwa wenn Wege gesperrt oder Baumarten verändert werden.

Fazit:

Der Austausch mit der Forstpraxis hat ClimXtreme wichtige Impulse gegeben, um Trockenjahre als forstlich relevantes Thema besser zu verstehen. Durch die Perspektiven aus den Interviews und Workshops wurde deutlich, welche Extremereignisse als kritisch erlebt werden und wo bestehende wissenschaftliche Begriffe und Indikatoren nicht ausreichen. Die forstliche Praxis zeigt: Es braucht anschlussfähige, praxisnahe Definitionen und Analysen, die regionale Unterschiede berücksichtigen. Denn die Auswirkungen von Trockenjahren sind stark standortabhängig. Trotz ähnlicher Witterung können Schäden sehr unterschiedlich ausfallen – je nach Boden, Baumartenzusammensetzung und Bewirtschaftung. Solche Unterschiede sind in der Praxis sichtbar und liefern entscheidende Hinweise darauf, welche Klimainformationen lokal benötigt werden. Die Klimaforschung kann hier mit regionalen Szenarien, Datenreihen und gezielten Trockenheitsindikatoren unterstützen – vorausgesetzt, sie werden auf konkrete forstliche Fragen zugeschnitten. Im Zusammenspiel von großräumiger Analyse und lokalem Erfahrungswissen entsteht so eine tragfähige Grundlage für Anpassungsstrategien im Wald.

Langfristiges Monitoring und kontinuierlicher Austausch zwischen Forschung und Praxis sind dabei unerlässlich. Sie ermöglichen es, die Wirksamkeit von Anpassungsmaßnahmen zu überprüfen und Strategien flexibel weiterzuentwickeln. Zudem zeigt das Beispiel der Karlsruher Stadtwaldbroschüre: Auch die Kommunikation mit der Öffentlichkeit ist zentral. Anschauliche, praxisnahe Formate helfen dabei, Verständnis für den Wandel im Wald zu fördern – und tragen dazu bei, notwendige Anpassungen nachvollziehbar und gesellschaftlich akzeptabel zu gestalten.

Im Zusammenspiel von großräumiger Analyse, lokalem Erfahrungswissen und transparenter Kommunikation entsteht so eine tragfähige Grundlage für zukunftsfähige Waldanpassung.

Referenzen:

Bülow, K., Bauer, S., Steuri, B., Groth, M., Knutzen, F., & Rechid, D. (2024). Stadtwald Karlsruhe im Klimawandel - Der Wald heute und in Zukunft. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.11473737

Hari, V., Rakovec, O., Markonis, Y., Hanel, M., & Kumar, R. (2020). Increased future occurrences of the exceptional 2018–2019 Central European drought under global warming. Scientific Reports, 10(1), 12207. https://doi.org/10.1038/s41598-020-68872-9

Knutzen, F., Averbeck, P., Haustein, K., Frör, O., & Groth, M. (2025a, in review). Perspectives of German forest practitioners on climate extremes: Consensus on impacts and conflicts in responses. Annals of Forest Research (in review).

Knutzen, F., Averbeck, P., Barrasso, C., Bouwer, L. M., Gardiner, B., Grünzweig, J. M., Hänel, S., Haustein, K., Johannessen, M. R., Kollet, S., Müller, M. M., Pietikäinen, J.-P., Pietras-Couffignal, K., Pinto, J. G., Rechid, D., Rousi, E., Russo, A., Suarez-Gutierrez, L., Veit, S., Wendler, J., Xoplaki, E., & Gliksman, D. (2025b). Impacts on and damage to European forests from the 2018–2022 heat and drought events. Natural Hazards and Earth System Sciences, 25, 77–117. https://doi.org/10.5194/nhess-25-77-2025

Autor:

Florian Knutzen

Projekt

ClimXchange

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ClimXtreme II
ClimXtreme II